Heimatgeschichten – Feuerwehrmusik als schreckliche Zirkusmusik? – Kurier für Niederbayern 1867

Heimatgeschichten aus alten Zeitungsarchiven

Diesmal geht es um eine amüsante Auseinandersetzung rund um den damals frisch gegründeten Birnbacher Feuerwehrverein. Der Artikel stammt aus dem “Kurier für Niederbayern” aus dem Jahr 1867.

Besonders erheiternd ist die Replik der Feuerwehr auf die Kritik eines Zuschauers. Doch auch die detaillierte Beschreibung des Feuerwehrzugs im Ortszentrum sorgt für Schmunzeln. Der Autor der beißenden Kritik, der die Musik der Feuerwehr als “Getöse” oder schreckliche Zirkusmusik bezeichnet, bleibt vorsichtshalber anonym und signiert als “Ein Unparteilicher.”

Etwas über die Feuerwehr in Birnbach

Daß die Feuerwehr von Birnbach, wie es neulich im Kurier f. N. zu lesen war, an der Fronleichnamsprozession theilgenommen hat, ist zwar begründet; allein man kann nicht unterlassen, noch deren weitere Feierlichkeiten der Wahrheit gemäß bekannt zu geben. Die Feuerwehr zog fünf Mal die Hofmarkt auf und ab mit ihrer nichts weniger als angenehmen Musik. Eine große Trommel begleitete die Musik, mit welcher ein solches Getöse gemacht wurde, daß jeder Fremde, der von dieser seltsamen Musik nichts wußte, glaubte, es halte sich in diesem Ort eine Menagerie oder ein Cirkus auf. Eine große Menge Kinder begleitete jedesmal den Zug, bestehend aus 30 Mann. Als der Hauptmann mit Musik abgeholt und in den Garten des Hrn. Rennet gezogen wurde, glaubten viele aus der Kirche kommende Leute, als sie die schreckliche Musik vernahmen, im Garten des Hrn. Rennet zeige sich eine Gesellschaft mit Merkwürdigkeiten. Vor 2 Jahren produzierte sich die Feuerwehr an der Kirchweih dadurch, daß sie Nachmittags den Hofmarkt durchtrommeln ließ, um Leute herbeizurufen. Was zeigte sich? Die Feuerwehr bildete einen Kreis, in der Mitte befand sich eine Hauptperson, welche dann einen gewöhnlichen Kinder-Luftballon steigen ließ, unter großem Gelächter der Anwesenden. „

Nun fragt sich der irritierte Kritiker:

„Sind das Zwecke der Feuerwehr?“ und überlegt weiter: „Lob allen Feuerwehren! Es wäre zu wünschen, daß sich die Feuerwehr von Birnbach ein Muster von der wackeren Feuerwehr von Griesbach nehmen möge. Lob, alles Lob der wackeren Feuerwehr von Griesbach! So lange die Feuerwehr von Griesbach keine anderen Zwecke verfolgt als wie bisher, ist es schade deren Namen zu führen. Noch hörte man nie von einer tüchtigen Uebung oder einer Auszeichnung bei einem Brande, sondern immer von Ausflügen, Gesellschaften u.s.w. Es wäre sehr zu wünschen, daß sich die Feuerwehr mehr an die Statuten des Vereins halten würde und der tüchtigen Feuerwehr von Griesbach nachfolgen möge.“

Die Birnbacher Feuerwehr wird hier also als feierwütig dargestellt im Gegensatz zur „tüchtigen“ Feuerwehr von Griesbach. Das konnten die Birnbacher natürlich nicht auf sich sitzen lassen und konterten prompt in ironischem Tone am 5. Juli, also etwa eine Woche später in derselben Zeitung. Nun wird dem „frechen“ Autor, dessen Veröffentlichung als „Machwerk von feindlich frivoler Frechheit“ bezeichnet wird, entschieden entgegnet. Hier der Originaltext:

Etwas als Erwiederung von der freiwilligen Feuerwehr in Birnbach.

Im Kurier für Niederbayern Nr. 174 ist bezüglich des Aufzuges der Feuerwehr Birnbach an der Fronleichnamsprozession als Inserat auf dasselbe ein Machwerk von feindlich frivoler Frechheit enthalten, das jeder Wahrheit gründlich entbehrt. Allgemein wurde die gute Haltung der freiwilligen Feuerwehr bisher anerkannt, sowie die Musik respektiert. Denn man muß doch von Birnbach gegen einen größeren Ort einen Unterschied nehmen.

Dem Dünkel des Einsenders hat es gefallen, auf diesem Wege die hiesige Feuerwehr sowie die Musik zu insultieren, was man ihm aber aus christlicher Nächstenliebe auch von Herzen verzeiht und nur den Wunsch hegt, „es möchte sich derselbe mehr Erfahrungen sammeln, um richtigere Darstellungen über Handlungsweisen geben zu können und nicht auf Kosten des Vereins, der erst 2 Jahre besteht, Unwahrheit in die Welt hinauszusenden, die das Gepräge der offenbarten Lügenhaftigkeit auf sich tragen und die Verachtung jedes Wahrheitliebenden verdienen.“ – Aber der größte Unsinn ist der, daß der Einsender der Feuerwehr vorhält, daß sich selbe noch nie bei einem Brande ausgezeichnet hat. Wie kann sich aber ein Feuerwehr-Verein bei einem Brande auszeichnen, wenn seit ihrem Bestehen kein solcher sich ereignet? Sollte es aber der liebe Gott zulassen, so wird die Feuerwehr gewiß ihr Möglichtes leisten und sohin ihre Pflicht auf das Gewissenhafteste erfüllen. – Denn das Sprüchwort heißt: „Den Vogel erkennt man an seinem Gesange.““

Quellen:

Kurier für Niederbayern : Landshuter Tag- u. Anzeigeblatt ; unabhängige Tageszeitung für Heimat und Volk. 1867,5/8 = Jg. 20 ## 29.06.1867

und

Kurier für Niederbayern : Landshuter Tag- u. Anzeigeblatt ; unabhängige Tageszeitung für Heimat und Volk. 1867,5/8 = Jg. 20 ## 05.07.1867

Heimatgeschichten – Ein Beweis, dass die Birnbacher und Rottaler edel sind und keineswegs verroht

Illustrierte Heimatgeschichten aus alten Zeitungen

Entkräftung von Vorurteilen gegen die Birnbacher Bevölkerung

Ein neuer Beweis, dass die Birnbacher und Rottaler edel sind und keineswegs verroht

Hier folgt ein im Jahre 1855 verfasster Zeitungsbericht über den Zusammenhalt in der Ortschaft, der erahnen lässt, dass die Einwohner von Birnbach und des Rottals keinen besonders guten Ruf hatten: Anscheinend waren sie wegen ihrer „Rohheit“ berüchtigt! Der Autor nimmt sie jedoch leidenschaftlich in Schutz.

„Von allen Gegenden laufen beständig Nachrichten ein über ausgeübte Akte der Rohheit. Ich aber bin in der Lage, Ihnen etwas Erfreuliches mittheilen zu können und zwar aus dem so oft der Rohheit beschuldigten Rotthale. Unser Pfarrdorf bestätigt auf das Schönste die alte Wahrheit, dass durch vereintes, keine Mühe scheuendes Zusammenwirken, auch in kleineren Orten etwas Großes bezweckt werden kann. Es hat sich in unserem Dorf vor geraumer Zeit ein Verein gebildet, der sich zur lobenswerten Aufgabe macht, bei ausgebrochenen Bränden, so weit seine Kräfte ausreichen, das Rettungs- und Löschgeschäft zu besorgen, bereits 40 Mitglieder zählt und fortwährend im Wachsen begriffen ist. Vor einigen Wochen wurde durch Herrn Auer, Hofwirth, sogar für eine sehr gut gebaute Theaterbühne Sorge getragen und mehrere Mitglieder obigen Vereins haben sich erboten, für die Aufführung gediegener und bildender Schauspiele ihre Kräfte zu leihen. Bereits wurde die Bühne durch Babo’s Schauspiel „die Strelitzen[1]“  eröffnet.“

„Was die Durchführung dieses herrlichen Stückes betrifft, so ist sie nach dem allgemeinen Urtheile wirklich eine sehr gelungene zu nennen. Die Zuschauer verfolgten mit sichtbarem, warmen Interesse Szene für Szene dieses heroischen Stückes und beehrten die Spielenden nach jedem Akte mit einem wahren Beifallssturm. Birnbach beschämt somit manchen größern Ort, in welchem Parteilichkeiten und Standesvorurtheil die Gemüther zerstreuen, anstatt daß Einigkeit sie zu edlen und bildenden Zwecken zusammenführt. Es ist nur zu wünschen, daß diese verdeblichen Faktoren in Birnbach nie Eingang finden und daß sämmtliche Bewohner, im warmen Interesse für die gute und schöne Sache, solchen aufopfernden Kräften stets ihre Zuneigung bewahren möchten. Dann dürfen wir stolz sein auf unser Dorf, denn es liefert einen neuen Beweis für die Nichtigkeit der Beschuldigung mancher Menschen, wenn sie das Rotthal nur als die Heimath der Rohheit bezeichnen.“

Mein Kommentar: Interessant finde ich, dass der Verfasser den Ruf seines „Pfarrdorfes“ gegen „manche Menschen“, die Standesvorurteile zu haben scheinen, verteidigen möchte. Da diese Menschen nicht nur die Birnbacher, sondern gar alle Rottaler der „Rohheit“ beschuldigen, sind hiermit wahrscheinlich Personen gemeint, die in etwas entfernteren Gegenden wohnen, möglicherweise „gebildete“ Bewohner von größeren Städten aus dem weiteren Umkreis.

Quelle: Katholisches Sonntagsblatt vom 21.01.1855


[1] Das erwähnte Bühnenstück „Die Strelitzen“ ist ein heroisches Schauspiel in vier Aufzügen, das auf einer wahren russischen Begebenheit basiert.  Der Autor war der Schriftsteller Joseph Marius Franz von Babo, der 1756 in Ehrenbreitstein geboren und 1822 in München verstorben ist. Das Drama thematisiert Heldentum, Loyalität und Konflikte zwischen Pflicht und persönlichen Überzeugungen.

Bahnverspätung 1901 – Alte Geschichten aus dem Rottal

Illustration: Nadia Baumgart

Und wieder eine lustige alte Geschichte aus dem Rottal. Diesmal ist die Informationsquelle das Rosenheimer Tagblatt vom Jahr 1901. Ich habe sie mit einem Schmunzeln illustriert.

In unseren Zeiten, in denen die Bahn ständig Verspätung hat, eine besonders witzige lokale Geschichte, finde ich.

Ein Reisender berichtet humorvoll in der Zeitung, dass er am 16. Juli 1901 morgens mit der Bahn von Pfarrkirchen nach Birnbach fahren wollte. Hier seine Worte:

„Der diensthabende Beamte gab das Zeichen zur Abfahrt. Die Lokomotive pfiff – doch was ist das? Der Zug bewegt sich nicht. Alle Reisenden rannten an die Fenster, um zu sehen, was es gebe. Doch jetzt geht es ja, aber in einem Tempo, als ob den Zug, welcher zwölf Wagen lang war, ein Ochse wegziehen müsste und so ging es gemütlich 500 Meter von der Station Pfarrkirchen weg.

Alle Reisenden waren begierig, den Grund der langsamen Fahrerei zu erfahren. Doch siehe – da kommt aus der Stadt auf der Triftener Landstraße gemütlich der Heizer des Zuges mit zwei Maß Bier daher. Jetzt war das Rätsel gelöst. Der Heizer lief vor Abgang des Zuges in die Brauerei Gässl in Pfarrkirchen, holte sich zwei Maß Bier und erst, als er mit dem edlen Nass auf dem Tender stand, ging es mit Volldampf davon.

Der Heizer hatte allerdings höchste Zeit, um noch mitzukommen, da sich bereits mehrere spaßhafte Reisende daran machten, den Zug mit eigener Kraft in rascheren Gang zu bringen, um dann mit Schnellzugsgeschwindigkeit, wie sie die Sekundärbahn nun schon einmal besitzt, dem inneren Rottale zugeführt zu werden.“

Quelle: Rosenheimer Tagblatt ; Tageszeitung für Landwirtschaft, Gewerbe und Handel ; offizielles Amts- und Nachrichtenblatt für alle Behörden. 1901 = Jg. 31, 16. Februar-31. Dezember

#heimatgeschichten #rottalinn #badbirnbach #rottalbahn