
Der Urlaub in der Puszta war inspirierend! Es war toll, endlich wieder freie Rinder mit Hörnern zu erleben.


EN/ Hiking in Hortobagy Nationalpark in the area Tiszafüred-Kócsújfalu
Gestern sind wir bei Kócsújfalu durch eine große Steppen-Ebene gewandert. Dieser Teil des Nationalparks Hortobagy liegt 20 Km westlich des Ortes Hortobagy.
Zwar wird dieser Teil oftmals in Broschüren und online als Sumpf beschrieben. Wir erlebten ihn eher als Halbwüste. Dieser Sommer soll in Ungarn sehr trocken gewesen sein, außerdem sorgt ein Kanalisierungssystem für Entwässerung der Puszta.
Letztens las ich, dass Bauern außerhalb des Nationalparks ihre Felder und Äcker mit dem Wasser aus den Kanälen fluten würden, da die Überschwemmungen, die vor der Trockenlegung der Flächen auf natürliche Weise vorkamen. Und so versteht der Mensch im Nachhinein, dass die natürlichen Zustände ihren Sinn machten.


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Hier die Übersetzung der Infotafel an der Straße
„Gegenüber der Csárda befindet sich eine Sandbank, die vom Fluss Theiß abgelagert wurde. Früher wurde hier Sand abgebaut, wodurch steile Sandwände entstanden, die ideal für Uferschwalben und Bienenfresser zum Nisten sind. Die Direktion des Nationalparks Hortobágy verwaltet das Gelände, um günstige Bedingungen für diese Vögel zu gewährleisten. Der Parkplatz und der nahe gelegene Aussichtsturm sind hervorragende Orte, von denen aus man diese Vögel beobachten kann, ohne sie tatsächlich zu stören. Jenseits der Sandbank wurde das Gebiet kürzlich saniert, da das ehemalige Ackerland wieder in einen Grünlandlebensraum umgewandelt wurde. Dieses Naturschutzexperiment war recht erfolgreich, da sich Populationen mehrerer botanischer Raritäten wie der Phlomis tHuberosa wieder angesiedelt haben.
Natura 2000 ist das ökologische Netzwerk ausgewiesener Gebiete der Europäischen Union.“


Jetzt im September sind wie kaum Vögeln begegnet, dafür Schmetterlingen, Eidechsen und spannenden Pflanzen. Insgesamt geht man durch große Flächen mit vielen hohen Distel-Arten, vertrockneten Königskerzen, Schafgarbe; hier und da leuchten bunte Blüten auf.
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Steppen-Salbei (Salvia nemorosa)
Hyoscyamus niger L (Schwarzes Bilsenkraut)
Mariendistel (Silybum marianum)
Feld-Mannstreu (Eryngium campestre)
Schafgarbe (Achillea millefolium)
Weitere Pflanzen, die in der Steppe des Nationalparks wachsen:
Hohes Kammgras (Agropyron cristatum), Federgras (Stipa), Muskatellersalbei, Wolfsmilchgewächse. Kleine Wiesenraute (Thalictrum minus), Schuppenschwanz (Pholiurus pannonicus, auch bekannt als Pannonisches Gras), Schafgarbe, Kamille und Falscher Schaf-Schwingel (Festuca pseudovina).


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Hier noch ein Text aus der archäozoologischen Ausstellung im Wild Animal Park, Hortobagy:
„Pflanzen sind am wenigsten in der Lage, der absichtlichen oder unfreiwilligen Zerstörung durch den Menschen zu entkommen. In Europa gibt es leider viele traurige Beispiele für das Verschwinden der natürlichen Vegetation auf Landschaftsebene, insbesondere der Vegetation fruchtbarer Flusstäler und großer Ebenen, die die Ausbreitung der menschlichen Zivilisation behinderten.
Mit mehr als 70 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche ist Ungarn eines der am meisten gepflügten Länder der Welt (!!!), daher ist es kein Wunder, dass die natürliche Pflanzenbedeckung heute nur noch in Spuren zu finden ist. Obwohl unsere Vorfahren in verschiedenen Zeitaltern fast alles taten, um die natürliche Landschaft von Hortobágy grundlegend und endgültig zu verändern, blieb Europas größte Salzwüste relativ intakt.
Sie versuchten, die Sümpfe auszutrocknen, die trockenen Rasenflächen zu bewässern, das „unfruchtbare“ Land zu stärken und auf Tausenden von Hektar Reisfelder und Fischteiche anzulegen. Vergeblich! Die Naturereignisse vieler Jahrtausende konnten nicht rückgängig gemacht werden, am Ende siegte die Natur immer und eroberte sich schnell zurück, was ihr zusteht.
Das Hochland von Hortobágy ist das größte im Karpatenbecken und seine Arten- und Oberflächenmorphologie ist vollständig entwickelt. Innerhalb des Kontinents sind die unabhängigen sogenannten prägende Elemente der pannonischen biogeografischen Region.
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In einem halben Jahrhundert verschwand von hier fast spurlos der Vorläufer der Trockensteppen Osteuropas: die Lössrasen. Nach unseren Schätzungen bedeckte es einst 10 % der Fläche von Hortobágy. Da der Boden der Lösswüsten heute der wertvollste Begriff für die Landwirtschaft ist (Schwarzerde-Tschernozem), begann man schon vor Jahrhunderten mit dem Pflügen und ihre letzten erbärmlichen Überreste blieben nur an unzugänglichen Orten, Erdburgen, Hügeln oder Bergrücken, eingeklemmt zwischen den salzigen Wüsten.
So verschwanden immer mehr die Pflanzen, die noch in literarischen Quellen vorkommen: Tatarischer Meerkohl (Crambe tataria), Frühlingsheide (Adonis vernalis), Zwergmandel (Amygdalus nana), Vinca herbacea), Echte Ochsenzunge (Anchusa Barrelieri), Russischer Natternkopf (Echium maculatum), Günsel (Ajuga laxmannii), Nickender Salbei (Salvia nutans), Wüstenginster (Alyssum turcestanicum).“


In einer kleinen Ausstellung im Wildpark sind sehr viele interessante Fakten zu erfahren. Es werden die imposanten Schädel, Hörner und Skelette verschiedener Rinderrassen, Ur-Eseln und Ur-Pferden gezeigt und miteinander verglichen.
In Europa wurden nämlich weite Flächen, Täler und Ebenen von Herden großer Säugetiere offengehalten. Heute weiß man, dass diese Herden auch im Deutschland der Steinzeit für lichte Wälder sorgten und dass die Puszta nicht von Menschen gerodet wurde, sondern schon seit Jahrtausenden offene Steppe ist. Man fragt sich, wie diese wilden Pferde und Rinder, die durch Europa – wie heute durch die afrikanische Savanne streiften – und die Landschaft veränderten, ausgesehen haben mögen. Und es wird versucht, sie nachzuzüchten.

Informationstafeln in der Ausstellung geben Auskunft.
Hier einige dieser Fakten:

Da die Informationstafeln in der Ausstellung beinahe alle in ungarischer Sprache verfasst sind, habe ich sie mit der Hilfe eines Übersetzungsprogramms ins Deutsche übersetzt. Wer Interesse u.a. an den Urformen unserer Haustierrassen und der Entwicklung von Flora und Fauna (nicht nur) in der europäischen Steppe hat, mag die Info hier lesen:

EN// Wild aurochs and Przewalski-horses in the Hortobagy Nationalpark in Hungary
Weite. Reetgedeckte Höfe am Horizont. Gelbes Steppengras. Grüne Streifen darin. In der flimmernden Ferne: Wildpferde und Auerochsen!
Mit dem Bus sind wir heute in die Puszta zur Wildpferden-Herde (Przewalski-Pferde) gefahren.
Seit 1997 werden 2470 ha der Kernzone des Nationalparks als Halbreservat ohne menschliche Eingriffe bewirtschaftet. Zur Landschaftspflege werden in diesem Gebiet Przewalski-Pferde und nachgezüchtete Auerochsen gehalten. Die ersten Rinder kamen 1999 an. Dabei handelte es sich hauptsächlich um Heckrinder und Heckrind-Ungarisches Graurind-Hybriden.


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In der kleinen Ausstellung im Wildpark kann man interessante Fakten erfahren. Zum Beispiel, dass der Auerochse im 17. Jahrhundert ausgestorben ist und nachgezüchtet wurde. Das war mir bekannt. Neu für mich war die Tatsache, dass es mehrere Nachzüchtungen gab. Diejenige der Gebrüder Heck und diejenige der niederländischen Organisation „Stichting Taurus“.
Hier die Auswahl der Rinderrassen, mit denen die Brüder Heck ihre Auerochsen-Nachzucht rekonstruierten:
Hochlandrinder, Chillingham-Rinder, Ungarisches Graurind, Korsisches Rind, Camargue-Rind, Spanische Kampfstiere und Chianina.
Und hier die Auswahl der Rinderrassen vom Taurus-Programm:
Sayaguesa-Rinder, Maremmana, Pajuna-Rinder, Limia-Rinder, Maronesa, Podolica und Hochlandrinder.
Die Zucht in Hortobágy basiert eher auf den Heck-Rindern.

Außerdem hatten wir das Glück, etwa 500 Kraniche vor unseren Augen landen zu sehen.
Obwohl der Kranich als einer der charakteristischsten Vögel in Hortobágy gilt, lebt er nicht mehr dauernd Ungarn. Die letzten Brutpaare wurden 1892 registriert. Das ungarische Volk liebt die Kraniche, sie werden häufig in Volksmärchen, Sagen und Liedern erwähnt und sind beliebte Wappentiere.
So lange man noch Eier in Kranichnestern fand, traf man auf Bauernhöfen und in Gutshäusern der Region häufig auf zahme, handaufgezogene Kraniche. Dass sie heute in der Region nicht mehr nisten, sondern lediglich auf ihrem Zug in den Süden hier rasten, liegt wahrscheinlich sowohl an der Regulierung der Wasserläufe, als auch an der Jagd auf die Tiere aufgrund ihrer Schmuckfedern.
(Quelle: Infotafel in der zoologischen Ausstellung Wildpark Hortobagy)

Heute haben wir einen RALLENREIHER (Ardeola ralloides) gesehen! Der brütet zwar auch in Marokko und Russland, aber in Europa fast nur in Ungarn! Und einen haben WIR erwischt. Juchhuu!



