
Wie eine kostbare Orchidee blüht das wunderschöne Drüsige Springkraut in der Oktobersonne!
Leider wird es als „Neophyt“ verteufelt. Manche Leute reißen es raus oder trampeln es nieder, weil es anscheinend nicht hierhergehört, dieses „invasive und gebietsfremde“ Kraut. Dabei sieht es toll aus, bietet unseren Hummeln und Bienen bis in den Herbst hinein Nektar, man kann daraus leckere Gelees machen und inzwischen ist auch klar: Das Herausreißen erzeugt möglicherweise mehr Schaden als Nutzen!
Die Natur verändert sich eben, es siedeln sich neue Arten an, andere verschwinden. Und, nicht vergessen: Auch Kartoffeln und Tulpen sind bei uns eigentlich „gebietsfremd“. Sind wir Menschen für die Erde nicht auch irgendwie eine „invasive Art“? Ich freue mich jedenfalls über die späte Blütenpracht. Und wünsche mir mehr Toleranz der Schöpfung gegenüber. Weniger Schwarz-Weiß-Denken!
Letztens fragte mich eine selbsternannte „Natur-Expertin“: „Was hast Du denn für eine Strategie gegen das schlimme Springkraut? Ich reiße es immer raus!“ Meine Antwort: „Ich BEWUNDERE es!“ Und freue mich daran. Und bin gegen Schwarz-Weiß-Denken.
Inzwischen wird auch der Japanische Staudenknöterich stark bekämpft. Dabei kann er anscheinend zur Sanierung verseuchter Böden eingesetzt werden und scheint Vögeln hervorragende Nistmöglichkeiten zu bieten:
Aus Wikipedia:
„Bis 2019 wurden in Europa erst in vier Fällen wissenschaftliche Untersuchungen publiziert über die Nutzung von Staudenknöterich als Neststandort von Singvögeln. In Staudenknöterich wurden Nester von Sumpfrohrsänger, Teichrohrsänger, Heckenbraunelle, Bluthänfling, Neuntöter, Goldammer, Amsel, Mönchsgrasmücke und Gartengrasmücke gefunden. In einem Sumpfrohrsänger-Nest in Staudenknöterich fand man einen jungen Kuckuck.“
Nun erscheint mir diese Pflanze im neuen Licht. Du hast recht, heimlich bewundere ich sie auch und die Imker lieben sie. Und ja, du hast recht, wir Menschen sind nicht gerade ein Vorzeigemodell der Natur. Also Leben und Leben lassen heißt die Devise. Liebe Grüße Marie
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Genau so sehe ich das auch, liebe Marie 🙂
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“ Sind wir Menschen für die Erde nicht auch irgendwie eine „invasive Art“? “
Da hast Du vollkommen Recht, liebe Nadia. Vielleicht die invasivste von allen.
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Das befürchte ich auch 🙂
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Es wird leider zum Problem, wenn ganze Flussläufe nur noch von dieser Pflanze besiedelt sind, wie zum Beispiel im hessischen Kinzigtal oder an der Nidda zu besichtigen. So schön die einzelne Pflanze sein mag, so verdrängt sie leider viele andere, wertvolle Arten. Allerdings halte ich von ausreißen oder gar niedertrampeln auch nichts. Beim Knöterich gebe ich dir recht – er bildet dichte Gebüsche und seine Halme sind stabil genug für Nester: also eine gute Alternative für Vögel. Mit dem fortschreitenden Klimawandel wird sich bei uns noch so einiges ändern… 🙂
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Danke für Deinen Kommentar 🙂
Ich glaube, das Problem ist folgendes: Wir sind der Meinung, dass an unseren Bächen noch „heimische Flora“ wachsen würde – wie zum Beispiel Sumpfdotterblumen – wenn die „bösen“, „ausländischen“ Pflanzen wie eben das Indische Springkraut nicht wären.
Es ist aber klar, dass an den überdüngten Ufern unserer meist begradigten Bäche inzwischen eher Brennnesseln wachsen. Das selbe gilt für unsere Wiesen: Wenn wir unsere „Neubürger“ oder „Neophyten“, die sich übrigens meist schon seit mindestens 150 Jahren bei uns angepasst haben im Namen des „Naturschutzes“ zerstören und hassen, werden wir nicht mehr Knabenkraut finden. Denn Knabenkraut braucht sauberen und mageren Boden und keine Maschinen, die 6 Mal im Jahr mähen, um Silage zu produzieren. Auch im Kinzigtal wird von hoher Überdüngung gesprochen.
Natur ist Veränderung. Wir Menschen sind Veränderungs-Treiber. Durch unsere Eingriffe zwingen wir Flora und Fauna, sich sehr schnell zu verändern und anzupassen. Deswegen bin ich FROH, dass wir Neophyten haben, die bestimmte Nischen vorteilhaft besetzen können. Das Indische Springkraut ist für Insekten extrem wichtig geworden. Kaum noch blüht bei uns etwas im Hochsommer oder Herbst.
Selbst Naturschutz-Organisationen haben inzwischen begriffen, dass das Herausreißen gar nicht gut ist. Und das Bayerische Landesamt für Wald- und Forstwirtschaft hat in Versuchen festgestellt, dass das Drüsige Springkraut nicht bekämpft werden müsse, da es die Waldverjüngung nicht behindere und nach anderen Forschungen in Forsten sowieso nur sehr geringe Auswirkungen mit sich bringt.
Leider plappern aber viele weiter von dem „immensen Schaden“, den die Neophyten der Natur zufügen. Als „Neophyt“ werden Pflanzen bezeichnet, die vor Jahrhunderten eingeführt wurden. Von Hobby-Naturschützern höre ich auch, dass Hauskatzen aus der Natur verbannt werden sollten – gejagt oder eingesperrt werden sollten – obwohl diese nachweislich schon seit gut 2000 Jahren in Europa leben! Andere warnen vor Vogelfütterung, weil das unnatürlich sei. Als sei unsere Natur noch „natürlich“. Das Interessante dabei ist, dass so gut wie keiner dieser Hobby-Herpetologen, Vogel-Spezialisten und Natur-Experten eine naturwissenschaftliche Ausbildung hat. So gut wie keiner hat Botanik oder Biologie studiert. Und doch wird die Mär der Invasion durch Neophyten und der Hass gegen alles, was nicht so ist, wie es (vermutlich) vor 200 Jahren war – propagiert.
Ich bin für mehr Wissen und mehr Toleranz. Und sage: Ein Hoch auf die Neophyten, die uns helfen, mehr Biodiversität zu erreichen. Ohne sie hätten wir keine Tomaten im Garten, kaum etwas zu essen und unsere Bienen und Hummeln kaum Nahrung. Gerade wegen des Klimawandels sollten wir froh sein, dass sich Pflanzen hier rasch anpassen können.
Übrigens…Auch das Symbol der Naturschützer, die Sonnenblume – ist ein Neophyt und Ausländer. Sie kommt aus dem südlichen Kanada. Und wir Menschen sind im Grunde ja auch auch „Neozoen“. Und invasiv noch dazu 😊
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Ein „schönes“ Beispiel für diesen Ausrottungs-Wahn war die Herkulesstaude. Ich mochte diese Pflanze, aber heute sieht man sie kaum noch. Auch sie war eine hervorragende Bienen-Weide, Berührungen sollte man allerdings tunlichst meiden. Dies gilt aber für viele andere Pflanzen (z.B. die Brennnessel, eine wichtige Futterpflanze für Schmetterlings-Raupen).
Wir haben jede Menge ausländische, auch giftige Flora in unsere Gärten, Felder und Wälder eingeführt und keiner kommt auf die Idee, sie alle auszurotten. Im Gegenteil, inzwischen haben sogar die Förster begriffen, dass es mit der Fichte nicht mehr geht und man andere Nadelbäume anpflanzen muss (besser wären Laubbäume, aber selbst Buchen und Eichen kommen ja bei der Hitze und Trockenheit schon an ihre Grenzen).
In meinem Garten steht eine wunderschöne Robinie, ich liebe den Duft ihrer Blüten, auch sie ein Einwanderer (die Waschbären werden wir auch nicht mehr los, das ist klar, also hört auf, sie zu verteufeln). Die Natur pendelt sich neu ein, wenn man sie lässt. Einwanderer gab es auch früher – viele Obst- und Gemüsesorten kommen ja aus Asien oder Amerika. Es gibt sogar „echte“ Einwanderer, wie den Marder-Hund, der es tatsächlich zu Fuß von Sibirien bis hierher geschafft hat… 😉
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Danke für deinen interessanten Kommentar. Dass der Marderhund sogar „zu Fuß“ zu uns gekommen ist und nicht „eingeschleppt“ wurde, wusste ich nicht. Ich greife das Beispiel auf. Habe soeben in Wikipedia nachgelesen, warum der Marderhund als „Neozoon“ wie so oft auch als „böse“ eingestuft wird: „ Es wird vor allem befürchtet, dass er auf Wiesen, an Ufern, Küsten und in Höhlen brütende Vogelarten verdrängen könnte. Bisher hat man allerdings noch nicht wissenschaftlich zweifelsfrei belegt, dass eine bestimmte Tierart durch die Ausbreitung des Marderhundes in ihrem Bestand bedroht ist.“
Diese Sätze finde ich symptomatisch für den Umgang mit unseren Mitgeschöpfen. Wir entscheiden, was hier was zu suchen hat und was nicht. Und suchen immer nach den Verursachern von Umweltschäden, obwohl wir das selber sind! Bodenbrüter sterben leider tatsächlich immer mehr aus, weil wir ihnen keine natürlichen offenen Flächen oder Moore lassen. Sie können nicht ihre Nester in Wiesen setzen, die ständig gemäht werden und auf den Parkplätzen der Supermärkte passt es auch nicht. Also sind die „Neozoon“ schuld. Auch Füchse werden mit der Ausrede abgeschossen, dass sie Vögeln schaden.
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Ja, die schießwütigen Jäger, das ist auch so ein Thema.
Elstern oder Krähen werden verteufelt, weil sie die
Nester leerräumen. Aber unsere niedlichen Eich-
hörnchen würde niemand abschießen, obwohl
sie mehr Eier und Vogeljunge vertilgen. Nur wir
Menschen pfuschen ständig der Natur ins Geschäft.
Und dann wundern wir uns, wenn einzelne Arten
außer Kontrolle geraten, weil das Gleichgewicht
nicht mehr stimmt… 🙄
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