Die Stadt wurde im 13. Jahrhundert gegründet und hatte von Anfang an eine besondere Bedeutung, weil sie auf dem wichtigen Handelsweg Bayern-Böhmen lag und gleich zur „Königsstadt“ erhoben wurde, was ihr viele Privilegien brachte. Im 15. Jahrhundert wurde die Stadt Sitz der Hussiten (Anhänger von Jan Hus), die von den meisten böhmischen Adeligen unterstützt wurden und für eine hierarchiefreie Kirche kämpften. In dieser Zeit kamen auch viele italienische Architekten nach Klatovy, die die Renaissance-Bauten (bsw. das Rathaus) erschufen.
Mein Lieblingshaus in Klattau: Das renaissance Sgraffitto-Haus: ein einstöckiges, möglicherweise gotisches Eckbürgerhaus mit einer mit Renaissance-Sgraffito bedeckten Fassade.
Die ersten urkundlichen Erwähnungen des Hauses stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert.
„Die ersten urkundlichen Erwähnungen des Hauses stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Um 1580 wurde es von Jan Vlach gekauft, dem die Autorschaft der Sgraffito zugeschrieben wird. Seitdem wird das Haus manchmal „Vlachs Haus“ genannt. Jan Vlach war wahrscheinlich italienischer Abstammung, denn zu dieser Zeit, als Klatovy seine größte wirtschaftliche Entwicklung erlebte, arbeiteten hier viele italienische Handwerker (hauptsächlich Bauunternehmer). Auch der Erbauer des Schwarzen Turms, des Rathauses und der Restaurator der Dekanatskirche, Meister Antonín (Antonius de Sala), stammte aus Norditalien.“ Quelle: 2023 Krameriova 70, 3390 01 Klatovy
Landesmuseum Klattau
Das Dr.-Karel-Hostaš-Volkskundemuseum – ist in einem wunderschönen Jugendstilbau von 1905–1907 außerhalb der ehemaligen Stadtmauern untergebracht. Es dokumentiert die einzelnen Epochen der Stadtgeschichte von Klatovy. Die Ausstellungen sind vielseitig und sehr interessant.
Waffen der Hussiten im Museum KlattauRekonstruktion einer Mumie in den Katakomben. Sie hieß Agnes Kunhuta
Agnes Kunhuta Przichowska von Przichowitz, 1678 gestorben. Sie war 66 Jahre alt und starb vermutlich an Tuberkulose.
„Im 17. und 18. Jahrhundert wurden in diesen Krypten etwa 200 Menschen begraben. Die Leichname wurden durch das Mikroklima hier auf natürliche Weise mumifiziert. Menschen haben nicht in diesen Prozess eingegriffen, wie etwa bei der Konservierung der Mumien in Ägypten. Man könnte sagen, dass die Leichname ausgetrocknet sind.“ Quelle: Radio Prague International.
Gestern sind wir von der Grenze bei Bayerisch Eisenstein 50 Kilometer zu einem Städtchen in Westböhmen bei Pilsen gefahren: Klatovy (deutsch: Klattau). Zunächst geht es durch den Böhmerwald, dann lichtet sich der Wald; es kommen Wiesen, kleine Dörfer, riesige Streuobstwiesen, auf denen Rinder grasen (bei Nyrsko). Plötzlich öffnet sich die Landschaft auf eine unendliche Ebene, gesäumt von lieblichen Hügeln. Ganz ohne überdimensionierte Stromtrassen und ohne scheußliche Windräder. Plötzlich erscheint am Horizont eine Stadt mit hohen Türmen wie eine Fata Morgana: Klatovy!
Jetzt fahren wir durch ein Gewerbegebiet in Richtung Altstadt, diese ist seit 1992 unter Denkmalschutz.
Als wir vor dem großen Stadtplatz mit seinem Renaissance-Rathaus, dem riesigen „schwarzen Turm“, der barocken Apotheke und der majestätischen Jesuitenkirche, war ich sehr erstaunt. Die Stadt hat nur etwa 23 000 Einwohner doch denkt man „Prag!“, und nach dem Blick auf wunderbare Jugendstil-Fassaden: „Paris!“. Jedenfalls „Weltstadt“. So fühlt sich Klatovy an.
Prächtiges Jugendstilhaus – Ehemaliges Kreishaus – später Schule
Kurzer geschichtlicher Überblick:
Die Stadt wurde im 13. Jahrhundert gegründet und hatte von Anfang an eine besondere Bedeutung, weil sie auf dem wichtigen Handelsweg Bayern-Böhmen lag und gleich zur „Königsstadt“ erhoben wurde, was ihr viele Privilegien brachte. Im 15. Jahrhundert wurde die Stadt Sitz der Hussiten (Anhänger von Jan Hus), die von den meisten böhmischen Adeligen unterstützt wurden und für eine hierarchiefreie Kirche kämpften. In dieser Zeit kamen auch viele italienische Architekten nach Klatovy, die die Renaissance-Bauten (bsw. das Rathaus) erschufen.
Nach dem 30-jährigen Krieg wurde Böhmen mit Hilfe der Jesuiten re-katholisiert. Der barocke Stil dieser Jesuitenzeit zeigt sich in der ehemaligen Apotheke „zum weißen Einhorn“. Die Architektur in der Altstadt ist sehr beeindruckend.
Wir zwei in Klatovy
Unterwegs in Klatovy
Poesiomat – Die Poesiemaschine
Die Architektur ist sehr beeindruckend. Aber auch der Poesiomat von Ondřej Kobza ist erwähnenswert. Welch tolle Idee! Aus den originellen Automaten tönen Gedichte, Literaturtexte und Musikstücke der besten Dichter, Literaten und Musiker des Landes. So konnten wir Gedichte von Jaroslav Vrchlický (1835-1912) , einem tschechischen Schüler von Viktor Hugo (!) und dem berühmten Prager Schriftsteller und Dichter, Jaroslav Seifert (1901-1986) hören.
Auszug aus Radio Prague International 2023:
„Wir finden es nun besser, wenn es beim Poesiomaten nicht nur um Gedichte geht, sondern um Tonspuren, die das Andenken an die Standorte wachhalten. Wir setzen bei der Schaffung einen bestimmten Prozess in Gang. Wir reden mit den Menschen vor Ort, und sie machen Vorschläge, was alles im Poesiomaten enthalten sein soll. So fördern wir vielleicht die Erinnerungskultur ein wenig“, so Kobza.
Auch die Spezialitäten des Café Oliver hinter dem Rathaus haben uns begeistert: sehr gute Eiscreme und „Mousse“ in allen Varianten, gedeckelt mit glasierter Schokolade oder Himbeer-Kuvertüre, die der Kunst der Pariser und Wiener Konditoren nahe kommt.
Ein Rohr, aus dem Gedichte, Literatur und Musik lokaler tschechischer Autoren tönt
Das landeskundliche Museum Klatovy/ Klattau
Spannend und schön war auch der Besuch des Museums, das die regionale Geschichte sowie Volkskultur zeigt. Mir haben die kleinen lackierten Püppchen, die bunten Holzpferdchen und die Teufel-Marionetten mit ihren heraushängenden roten Zungen besonders gefallen.
Lustig erscheint die Beleuchtung zweier Büsten. Es handelt sich um den impressionistischen Maler Alois Kalvoda (1875-1934) und den klattauer Orgel-Komponisten Josef Klička (* 15. Dezember 1855 in Klatovy; † 28. März 1937 ebenda).
Der letzte Bär des Böhmischen Waldes – ausgestopft – winkt einem traurig zu. Traurig ist auch die Vitrine mit 4 Uniformen, die 100 Jahre Leid erzählen: Die österreichisch-ungarische Uniform hängt neben derjenigen der deutschen Besatzer und derjenigen der amerikanischen und russischen Soldaten. Bange fragt man sich, was uns die Zukunft bescheren wird…
Auf dem Weg nach Hause begegneten wir noch einigen Störchen auf einer blühenden Wiese. Es war ein unvergesslicher Tag!