Letztens habe ich in einem Podcast von der Algerierin Lalla Fatma N’Soumer (1830 – 1863) gehört. Ihr Schicksal hat mich sehr berührt. Und deswegen musste ich sie malen. Denn während ich ein Porträt mache, schaue ich den Menschen, die mich neugierig machen, in die Augen.
Obwohl sie eine Frau war, war sie maßgeblich am Krieg gegen die Franzosen bei deren Eroberung Algeriens beteiligt. Sie führte Truppen in ihrer Heimatregion (der Kabylei) an.
FR: L´autre jour, j´ai écouté l´histoire de Lalla Fatma N’Soumer (1830 – 1863) sur France Culture. Cette histoire m´a profondément émue.
Sie wirkt als Opernsängerin in Athen und Tunis. Sie schreibt als Journalistin für die feministische Zeitung „La Fronde“; sie fordert einen Lohn für Hausarbeit und wirtschaftliche Autonomie für Frauen. Sie leitet einige Monate das Casino von Tunis. Sie reist alleine und mit wenig Mitteln nach Tibet, China, Japan und wird Buddhistin. Sie lebt mehrere Jahre unter Anleitung eines Meisters in einer Meditationshöhle im Himalaya. Sie ist eine begeisterte Fotografin, studiert Sanskrit, schreibt und übersetzt, lässt sich im höheren Alter in Südfrankreich nieder. Dort zieht sie ihr Bio-Gemüse im eigenen Garten.
Klingt ganz schön modern, nicht wahr? Wenn man dann erfährt, dass sie 1868 (!) geboren wurde, wird einem wieder bewusst, dass es freie, neugierige, interessierte und interessante Frauen schon lange vor unserer ach so befreiten Zeit gab. Es wird selten über sie geredet. Während ich sie gezeichnet habe, habe ich mir ihr abenteuerreiches Leben in einem Podcast angehört.
FR: J´ai découvert la vie passionnante de Alexandra David-Néel, femme libre et aventureuse née en 1868 grâce à un podcast de France Culture. Chanteuse d´opéra, journaliste, bouddhiste, anarchiste et intellectuelle, elle prouve que les femmes libres n´ont pas été inventées aujourd’hui :
Philosophie hat mich schon früh interessiert. Als Jugendliche ging ich bei der Großmutter auf die Terrasse, schaute auf Berge und See und dachte, wie schön es wäre, dabei mit Sokrates, Platon, Aristoteles, von einer weißen Wolltunika umhüllt und umherwandelnd, über die Liebe und die Schönheit zu diskutieren.
Später dachte ich mir: „Oh je, wie naiv Du warst!“ Schließlich waren Frauen bei den Antiken nicht gerade viel wert. Eigentlich waren sie nur „Gebärmaschinen“ ohne Rechte. So dachte ich. So las ich es und stellte es auch in dem Philosophie-Studium, das ich mir später gönnte, nicht in Frage. Nur Priesterinnen und Hetären (eine Art „Edelprostituierte“) sollen eine gewisse Bildung genossen haben. Das glaubte ich, bis ich vor nicht allzu langer Zeit auf Aspasia stieß.
Sie soll eine hochgebildete Frau gewesen sein, die mit Philosophen und auch mit Sokrates Umgang pflegte. Ein Mythos ist das nicht, denn in Platons „Menexenos“ beruft sich Sokrates auf Aspasia als seine Lehrerin der Rhetorik!
Sie heiratete den Athener Perikles und hatte einen Sohn mit ihm. Sie galt aber als Ausländerin (sie kam aus Milet), somit war die Ehe ungültig. Eine schöne Ausrede für ihre Feinde, sie herabzusetzen. So nannte man sie Konkubine, Prostituierte, Hetäre. So hat man kluge Frauen schon immer herabgesetzt.
Ich bin aber sehr froh, dass es sie gegeben hat und ich sie entdecken durfte. Denn jetzt denke ich mir, ganz so naiv war ich als Jugendliche eben doch nicht. Es hätte sein können, ich hätte als Jugendliche weiblichen Geschlechts mit den großen Philosophen reden können. Ich finde es wichtig, dass Frauen wissen, dass es immer schon Ausnahmen gab. Dass es schon in der Antike Philosophinnen gegeben hat. Nur allzu gerne wird das unter den Teppich gekehrt.
in der Ausstellung „Frauen in Braunau“Votivgabe aus Wachs in der Form einer Brust
Ausstellung über Frauen in Braunau
Gestern haben wir die Ausstellung „Frauen in Braunau“ besucht. Ganz besonders interessiert haben mich: Die Litanei von allen bösen Weibern (mit vielen deftigen Beschimpfungen), eine Brust aus Wachs als Votivgabe und Bitte um reichlich Muttermilch und ein illustrierter Liebesbrief aus dem Jahr 1799.
Votivgaben sind Gegenstände, die als symbolische Opfer einer überirdischen Macht öffentlich dargebracht wurden. Und eine Litanei ist eine Form des gemeinschaftlichen Gebets.