Neue Sichten – Die Natur im Wandel

Lugenz-Wald
Der Wald öffnet sich und wird lichter

Waldspaziergang in der Lugenz. Den Lugenzwald kennen wir seit 2016. Zunächst ging man durch dichten Baumbestand. Dann gab es nach dem Einfall der Borkenkäfer immer neue Sichten. Plötzlich konnte man auf Bad Griesbach schauen. Inzwischen kann man auch Schwaibach und Karpfham sehen. Ein Wald im Wandel zeigt die Veränderungen in der Natur…Es ist spannend, das zu verfolgen.

Blick auf Karpfham
Offene Flächen. Wie wird sich die Natur verändern?

Hier noch Bilder von 2021:

Der Wald zwischen Borkenkäfer und Hagelsturm

Kahlflächen im Wald lassen neue Sichten entstehen. Hier der Lugenz-Wald.
Neue Sichten auf das Rottal entstehen im Lugenz-Wald

About the rapid changes in our forest – changes due to bark beetle and hail damage

Der Wald zwischen Borkenkäfer und Hagelsturm

Gestern waren wir im Lugenz-Wald. Wir sind im Juni 2016 ins Rottal gezogen. Inzwischen sieht der Wald ganz anders aus, manchmal erkenne ich unsere Wanderwege nicht wieder. Jetzt kam der Hagelsturm hinzu.

Damals – im Jahr 2016 – war der Wald noch ganz dicht, die Fichtenbestände noch scheinbar ohne Probleme. Inzwischen hat der Borkenkäferbefall, unterstützt von Hitze und Dürre, dazu geführt, dass ganze Wald-Abschnitte abgeholzt wurden. Ein seltsamer Anblick. Zunächst dachte man, nur Fichten seien betroffen. Der Borkenkäfer bevorzugt Nadelbäume. Ein Mischwald soll her. Inzwischen wird aber klarer, dass auch bestimmte Laubbäume unter dem Klimawandel leiden: Die Rinde vieler Buchen wird beispielsweise durch Sonnenbrand aufgerissen.

Hier entsteht ein neuer Wald

Aufgrund des Käferbefalls wurden viele Fichten gefällt. Hier und da entsteht somit ein regelrechter Kahlschlag. Fazit: Es entstehen im Wald ganz neue, weite Sichten auf angrenzende Landschaften. Bei aller Sorge um den Wald ist es schwierig, sich über diese Sichten zu ärgern. Denn sie sind einfach schön und voller Licht. Außerdem kann man auf vielen abgeholzten Flächen beobachten, wie der Wald wieder hochkommt, saftig grün. Insbesondere dort, wo wenig eingegriffen wird, entsteht aus dem Wirrwarr von Brombeeren und ersten Birken ein Teppich voller Jungbäume.

Einige geschwächte Fichten haben den kürzlichen Hagelsturm nicht überlebt

Forstwirte suchen nach „Zukunftsbäumen“, die sich dem Klimawandel anpassen können. Die Douglasie gilt als ein solcher Baum und wurde hier und da gepflanzt. Inzwischen ist diese Baumart schon sehr gewachsen und prägt bestimmte Wald-Abschnitte.

Vor wenigen Tagen gab es in der Gegend einen heftigen Hagelsturm. Dass auch Hagel den Wald verändern kann, war mir bisher gar nicht bewusst. Jedenfalls verändert auch dieser Sturm unseren „Hauswald“: der Waldboden war mit Blättern und Ästen übersät, manche Stämme regelrecht „angeschossen“, Baumspitzen zerfleddert. Einige wenige Bäume sind gar gebrochen oder vom Wind entwurzelt worden. Dies insbesondere in der Nähe von kahlen Flächen. Aus Studien, die Hagelschäden im Wald zum Thema haben, weiß ich, dass sich viele Bäume erstaunlich rasch erholen, weil die Wurzeln normalerweise voll leistungsfähig bleiben. Allerdings werden bereits geschwächte Pflanzen natürlich noch mehr gestresst.

Hagelschaden im Wald – Junge Triebe sind abgeknickt

Die Bilder zeigen neue Sichten, aber teilweise auch die Folgen des Hagels. Der Wald erscheint mir als ein Spiegel des Naturzustandes. Er verändert sich gerade sehr rasch. Ich glaube an die regenerative Kraft der Natur und denke, der Wald wird nicht sterben, sondern sich wandeln. Ganz egal, ob wir Menschen das so haben wollen oder nicht.

Wald im Wandel

//Our forests are partly destroyed by wood parasites (bark beetles).

Gestern war ich im angrenzenden Wald. Auf der Wanderung konnte ich wieder feststellen, welche Ausmaße die Kahlflächen bekommen haben. Ein beklemmendes Gefühl…

Der Wald hat aber viele Gesichter bekommen: Hier und da wachsen schon die neuen Bäume gut in die Höhe, ein Meer von frischem Grün.

Auf anderen Flächen denkt man: „Wald oder Wüste?“. Es bietet sich ein trauriges Bild: Baumstümpfe, abgerissene Äste, vom Laster gefallene Hackschnitzel-Haufen. Dafür hat man ganz neue Sichten und Panoramen und ungewohnte Blicke auf Nachbarorte.

„Käferholz“

Immer wieder nimmt man auch den Verbiss an jungen Tannen und Pflanzen wahr. Deswegen werden bestimmte Flächen inzwischen eingezäunt. An bestimmten Stellen kommen die „Schwammerl“ wieder hoch, an anderen fehlen sie. Wie es weiter geht mit unseren Wäldern, kann wohl niemand mit Sicherheit sagen.

In der Lugenz im Rottal 2020

Der BUND Naturschutz sagt dazu:

„Die Gründe für diese Entwicklung liegen in der Massenvermehrung des Borkenkäfers, der sich aufgrund der Trockenheit der letzten Jahre in den Fichtenbeständen ungehemmt entwickeln konnte.

Der Natur fehlten in den Jahren 2018 und 2019 bis zu einem Drittel der Niederschläge, die in früheren Jahren üblich waren. Jetzt ist es an der Zeit, den Grundstein für den Aufbau trockenheitsresistenter, zukunftsfähiger, laubholzreicher Wälder zu legen.“

Neue Landschaften

Freie Sicht: der Fichtenwald ist abgeholzt

Bavarian landscape (more in English below)

Dass die Landschaft sich aufgrund der massiven Fichten-Abholzungen verändert, ist klar. Trotzdem ist es für mich seltsam, plötzlich neue Sichten zu malen. Hier die Sicht von Oberbirnbach auf unsere Kirche am Horizont. Bis vor kurzem stand ein Fichtenwäldchen da oben, die Kirche war kaum zu sehen.

Part of our forest consists of spruce monoculture. Because of a bark beetle infestation, forest owners have now to cut down their trees. So, the landscape is changing and new views are possible. The church on the horizon was not visible until recently.

Letztes Jahr standen oben an der Straße noch große Fichten

#aquarelle

Die Zukunft unseres Waldes

A hike through our forest organized by the nature conservation union. The main subject: the conifer populations afflicted by bark beetles. The main question: What the forest of the future might look like.

Kahlflächen aufgrund der massiven Abholzung von Fichtenwäldern sieht man nicht nur im Inntal immer öfter.

Am Sonntag fand die alljährliche Waldwanderung auf dem Schellenberg statt. Über das diesjährige Thema „Borkenkäfer – Katastrophe oder Geburtshelfer?“ fanden schon gleich am Treffpunkt angeregte Diskussionen zwischen den zahlreichen Teilnehmern, unter denen sich auch mehrere Waldbesitzer befanden, und dem Förster statt. Damit befanden sich alle Anwesenden schon mitten im Thema. 

Die Veranstaltung ist wie üblich in Zusammenarbeit mit der BUND Naturschutz-Ortsgruppe organisiert worden.

Im Rahmen des von der Stadt Simbach organisierten Sommerprogramms fand die alljährlich von Förster Reichenwallner geleitete Waldwanderung auf dem Schellenberg statt
Die Fichte hält dem Klimawandel nicht Stand

Nun ging es die Marienhöhe hinauf, einen ursprünglich als Park konzipierten Laubwald am Südhang des Schellenberges. Mehrere größere Kahlschläge weiter oben im Fichtenwald und hohe Holzstapel am Wegesrand zeigten, wie stark der Borkenkäfer auch im Inntal den Wald verwandelt. „Die Fichte hat bei uns ausgedient“, so Reichenwallner. Denn was inzwischen für alle offenkundig sei, könne auch die Wandergruppe auf ihrem Weg immer wieder eindeutig feststellen.

Diese Hundedame war auch dabei und schaute zuversichtlich in die Zukunft…

Dass der Störenfried jedoch so winzig ist, darüber wunderten sich die Mitwanderer, als der Förster einen Borkenkäfer in einer Rinde zeigte: das Insekt erreicht eine Körperlänge von ca. 5 mm. Die Fichte sei in höheren und kühleren Lagen heimisch und vor über 250 Jahren bei uns eingeführt worden; dieser Nadelbaum komme offenkundig mit dem schnellen Klimawandel nicht zurecht und könne sich aufgrund der Trockenheit nicht mehr durch Harzbildung gegen das zerstörerische Insekt wehren.

Dabei sei schon im 19. Jahrhundert von Wissenschaftlern vor Fichtenmonokulturen gewarnt worden. Vor dem flächendeckenden Einsatz der Fichte wuchsen in unseren Wäldern vornehmlich Eiche und Buche, begleitet von anderen Baumarten wie beispielsweise Kirsche, Ahorn und Tanne.

So winzig ist er, der Borkenkäfer!
Neophyten auf den Brachflächen

Die derzeitigen massiven Abholzungen veränderten mit großen Kahlflächen das Gesicht des Waldes. Auch diese Flächen werden rasch wieder besiedelt. Als erstes zeigte Michael Reichenwallner auf das rosa blühende Indische Springkraut. Diese ursprünglich aus dem Himalaya stammende Pflanze sei als Bienenfutter- und Zierpflanze nach Europa importiert worden und verdränge durch ihr rasches Wachstum teilweise die heimische Vegetation.

Dann machte Reichenwallner auf besonders große Exemplare der Schwarzen Tollkirsche, auch „Belladonna“ (italienisch für „schöne Frau“) genannt, aufmerksam. Wolliger Schneeball und Brombeere gehörten auch zur Kahlflächen-Flora. So schaffe der sich explosiv ausbreitende Käfer auch neue Lebensräume für heimische Pflanzen und solche, die sich in Gebieten ansiedeln, in denen sie zuvor nicht heimisch waren (Neophyten).

Die Teilnehmer der Waldwanderung in Simbach

Da das „Käferholz“ keine technischen Mängel vorweise und es zurzeit in großen Mengen verfügbar sei, sei es sinnvoll, es vermehrt als Bauholz einzusetzen. Nun kam die Gruppe an einer Lichtung vorbei, in der Eberesche, Birken hochschießen, in deren Schatten schon erste junge Buchen sprießen: „Der Wald verjüngt sich von alleine, wenn man Zeit und Geduld mitbringt“, so der Förster. Die Anforderungen der Forstwirtschaft lassen jedoch leider keine Muße zu.

Mit Zeit und Geduld verjüngt sich der Wald selbst. Zuerst besiedeln oft Brombeeren, Sträucher und erste „Pionierbäume“ wie die Birke die Kahlflächen. In deren Schatten wachsen dann Buche, Eiche und Tanne heran.
Man ist im Blindflug

Jetzt ging es an teilweise eingezäunten Neupflanzungen vorbei. Es werde nun mit einheimischen und Fremdbaumarten experimentiert. Wie der Wald der Zukunft aussehen werde, könne derzeit trotz aller Studien und Untersuchungen und aufgrund der Schnelligkeit des Klimawandels niemand sagen. „Man ist im Blindflug“, so der Förster. Dies zeigte er auch am Beispiel einer Strobe oder Weymouth-Kiefer, die vor einigen Jahrhunderten aus Nordamerika eingeführt worden und inzwischen in unseren Graden zum Opfer einer Pilz-Krankheit geworden sei.

Nebenher wurden am Wegesrand auch Pilze wie Hexenröhrling, Birkenporling und Maronen sowie allerlei Sträucher bestimmt.

„Es gibt selten Schaden ohne Nutzen“ schloss Brigitte Schwarzbauer und freute sich, dass die Wanderung so viele interessante Gespräche ausgelöst habe: „Das war eine richtige Expertenrunde“. Jeder habe etwas mitgenommen, egal ob er den Wald selber nutze oder nur am Thema interessiert sei.  Auf die Veranstaltung im nächsten Jahr freue sie sich jetzt schon.

Beitrag über Waldwanderung zum Thema Borkenkäfer, 2019, von Nadia Baumgart
Beitrag in der PNP